24. Juni 2021

ADC Kunde des Jahres: Jakob Berndt im Interview

Ein konsequentes Nachhaltigkeitskonzept und konsequentes Marketing: Dafür steht Jakob Berndt. Und dafür zeichnen ihn die Mitglieder des Art Directors Clubs als Kunde des Jahres 2020 aus. Mit den Marken Lemonaid und ChariTea eroberte er den europäischen Softdrink-Markt und sammelte Spendengelder in Höhe von 4 Millionen Euro ein. Seit 2018 setzt er auf Nachhaltigkeit im Banking und hat mit weiteren Mitstreitern die Tomorrow GmbH gegründet: Den ersten konsequent mobilen und nachhaltigen Banking-Anbieter des heutigen Zeitalters. Wir haben vor der Night of Honour – auf der er ausgezeichnet wird – mit dem Social Entrepreneur gesprochen.

Deine wichtigsten Erfahrungen in a nutshell: Wie beschreibst du selbst deinen Lebensweg in wenigen Sätzen?

Hand auf’s Herz: Ich bin schon immer ein wenig von einem Projekt ins andere gestolpert. Vermutlich einfach eine Kombination aus Intuition, Glück und Zufall. Hab von Kulturwissenschaften gehört, klang super – und hab es dann einfach studiert. Hab während des Studiums bei JvM gejobbt, war begeistert von den vielen schlauen ambitionierten Köpfen da – und bin in die Strategie gegangen. Hab nebenbei Hummeln im Hintern gehabt – und eben mit Freunden nachts noch Konzerte und Ausstellungen organisiert. Hab meine ökologischen und gesellschaftlichen Werte im Job nicht reflektiert gesehen – und hab eingeschlagen, als mein damaliger Schulfreund Paul mit der Idee zu einem sozialen Softdrink vor der Tür gestanden hat. Und, nach diesem fast zehnjährigen Abenteuer, noch einmal Lust auf ein weißes Blatt Papier gehabt. Da kamen dann Inas und Michael um die Ecke und haben gefragt, ob wir nicht gemeinsam den Bankenmarkt aufmischen wollen. Und das machen wir jetzt.

Hand auf’s Herz: Ich bin schon immer ein wenig von einem Projekt ins andere gestolpert.

Du warst als Strategic Planner bei Jung von Matt tätig und hast den Job aufgegeben, um dich ganz auf die Gründung von Lemonaid, deinem ersten Social Business, zu fokussieren. Du kennst also beide Seiten: Wie kann sich die Werbewirtschaft nachhaltiger aufstellen?

Am Ende unterscheidet sich die Werbewirtschaft da in meinen Augen nicht von irgendeiner anderen Branche. Man sollte den Mut und die Ehrlichkeit haben, die Verantwortung für sein Handeln zu tragen. Sich also zu fragen: Wozu trage ich mit meinem Tun bei? Natürlich steht man als Kommunikationsdienstleister technisch betrachtet oft am Ende der Wertschöpfungskette – wenn Produkte oder Dienstleistungen „nur“ noch beworben werden müssen. Aber erstens kann man hier als Werber ja durchaus auch nein sagen zu Bullshit, wie, sagen wir mal: INSM. Und zudem versuchen, positiv Einfluss zu nehmen auf Entscheider. Damit am Ende bessere, sinnvollere Innovationen entstehen. Wovon ich wenig halte, sind Feigenblätter wie Pro-Bono-Kampagnen für kleine NGO’s … wenn das durch große Etats gestriger Konzerne querfinanziert wird.

Wir – die Mitglieder des Art Director Clubs – zeichnen dich als Kunde des Jahres aus. Seit 1984 vergeben wir die Auszeichnung an Personen, die maßgeblich daran mitgewirkt haben, vorbildliche Kommunikation über einen großen Zeitraum hinweg zu ermöglichen. Was gibst du der Kreativbranche für das kommende Jahr mit auf den Weg?

Ach, ich weiss nicht ob ich wirklich jemanden was mit geben kann und sollte. Ich kenne ja auch keine neuen Wahrheiten. Aber wenn’s sein muss: Seid genauso mutig in Sachen Haltung wie in Sachen Kreation. Macht nicht jeden Scheiss (mit). Investiert eure Energie und Talent in Sachen, die Sinn machen. Seid Teil der Lösung!

Seid genauso mutig in Sachen Haltung wie in Sachen Kreation!

2008 hast du Lemonaid gegründet. Du hast also ein Projekt losgetreten, das einen Jahresumsatz von 14 Millionen Euro erzielt und Spendengelder in Höhe von 4 Millionen Euro eingesammelt hat. Jetzt nimmst du dir den Finanzsektor vor: Woher kam die Idee zu Tomorrow?

Konventionelle Banken tragen in hohem Maße zur Klimakrise bei, indem sie beispielsweise in Kohlekraft und Massentierhaltung investieren, aber auch in die Rüstungsindustrie. Es fehlte bis dato ganz klar an einer Bank, die dem etwas entgegensetzt und gleichzeitig hohe Anforderungen auf technischer Ebene erfüllt: modernes und bequemes Banking via Smartphone. Mit Tomorrow vereinen wir beides, um nachhaltiges Banking aus der Nische holen.

Deine Einschätzung: Sind nachhaltige Finanzen noch Nische oder schon bald Mainstream?

Wenn wir aus sozialer und ökologischer Sicht etwas verändern und der Klimakrise entgegensteuern wollen, dann sollten nachhaltige Finanzen besser heute als morgen Mainstream werden. Wir wissen aus Studien, dass Nachhaltigkeit für viele – nicht nur junge – Menschen eine große Rolle spielt und der Wunsch nach Veränderung da ist. Mit Tomorrow bieten wir dieser wachsenden Zahl an Menschen eine Plattform, die ihnen ermöglicht, einen Teil zum Wandel beizutragen – und das ganz easy mit wenig Aufwand. Wir machen jetzt im ersten Schritt erstmal das neue „Cool“ draus … und dann im nächsten halt das neue „Normal“.

Zuerst machen wir aus nachhaltigen Finanzen das neue „Cool“. Und dann das neue „Normal“.

Hat die Pandemie aus deiner Sicht soziales Unternehmertum beeinflusst?

Die Pandemie hat teils wie unter einem Brennglas die Schieflagen unserer Gesellschaft offengelegt – und teilweise sogar verstärkt. Die mangelnde (auch finanzielle) Wertschätzung für Pflege- oder Lehrberufe, der ungleiche Zugang zu (digitaler) Bildung, die wachsende soziale Schere. Hier müssen Lösungen her, auch unternehmerische, das Potenzial und die Wirkmacht für die Sozialunternehmer:innen ist riesig.

Welche Kampagne hat dich zuletzt richtig umgehauen?

Beim Geschäftsmodell beziehungsweise der Dimension Nachhaltigkeit habe ich noch manche Fragen, aber der Launch von „Gorillas“ hatte schon viel Power, finde ich. Und, keine Kampagne, aber stark: die 15 Minuten von Joko und Klaas. Super mutig, super Exekution.

Die ADC Night of Honour 2021 findet am 1. Juli ab 20:15 live auf YouTube statt.

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