20. Mai 2019

ADC Kopf: Götz Ulmer

Götz Ulmer ist Partner & Kreativer bei Jung von Matt und dieses Jahr Juryvorsitzender beim ADC Wettbewerb 2019 für Print. Er hat uns kurz vor Start der Jurysitzungen erzählt, warum er sich darauf freut, extrem neidisch zu werden.

Du bist nicht nur Kreativdirektor, du lehrst auch an der JvM Academy den Nachwuchs der Kreativbranche. Hattest du einen Mentor in der Jugend, der dich geprägt hat bei deiner Arbeit?

Schwierig da jemand bestimmten heraus zu picken, denn in jedem Abschnitt meiner Laufbahn gab es jemanden, der sich meiner annahm bzw. von dem man sich viel abschauen konnte.
Das fing bei den Eltern an, die einem bei diesem unsoliden Lebensweg nicht mit BWL – oder Medizinstudiumswünschen im Weg standen. Geht dann über die klassisch kreativitätsfördernde Tante, die einem jedes Jahr mit Malutensilien zupflasterte über den Kunstlehrer (Hallo Herr Prill) bis zu jenem Menschen, der mir nach zwei vergeblichen Bewerbungsversuchen an der Aka in Stuttgart, bei meiner Mappe und einem Praktikumsplatz half (nochmals „Danke“, Paul Varkonji) bis zu den Professoren im Studium, an denen man sich am meisterlichsten reiben konnte. Am meisten geprägt und beeinflusst wurde ich jedoch von den Leuten und der Atmosphäre bei Jung von Matt.

Ich habe rasend gelernt.
Mehr und schneller als zuvor.
Von jedem.
Bis heute.

 

Seit 23 Jahren bist du Kreativchef bei JvM. Was hält dich so lange dort?

Die Agentur und ihre Kultur sind einzigartig. Genau wie die Menschen und Kunden, die sie anzieht . Selbst nach so langer Zeit steckt genügend Kraft für das Vorangehen an der Spitze, Wille zur Veränderung und gelebtes Andersdenken in dieser Agentur, um immer wieder neu und spannend zu sein. Warum also weg wollen?

An dem Institute of Design Vienna hast du einen Vortrag mit dem Titel „Umarmt das Chaos“ gehalten. Herrscht bei dir selbst das Kreative Chaos?

Zielt die Frage etwa auf meine Haarfrisur?
Ich liebe das Chaos. Beziehungsweise das unkalkulierbare Abtauchen in den divenhaft  schwer zu erreichenden unlogischen Malstrom, der wirklich Neues entstehen lässt. Um dann beim hoffentlich rechtzeitigen Auftauchen die Perlen zu zählen, zu sortieren und sie zum Verkauf heraus zu putzen.
Damit das aber funktioniert, brauche ich aber im Alltag fast schon autistische Ordnung und Rituale.

Was ist zur Zeit der größte Impact für dich, der sich auf deine Arbeit auswirkt?
Das nie ruhende Aufploppen neuer Kanäle und die damit verbundenen Herausforderungen. Sie nicht nur zu beherrschen, sondern virtuos mit ihnen umzugehen.

Du bist auch dieses Jahr als Juryvorsitzender beim ADC Wettbewerb 2018 dabei und hast schon einige Kreativwettbewerbe betreut. Worauf freust du dich am meisten bei den Arbeiten? Vor welchen Herausforderungen steht man?

Am meisten freue ich mich darauf, extrem neidisch zu werden. Auf andere Ideen.

Das motiviert mich. Einer der schwierigsten Dinge ist es, die echten Schätze zu übersehen, nachdem man vorher 20 mal mit Mittelmaß überschüttet wurde. Um sie am Schluss in die einzig richtige Reihenfolge zu bringen.

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Das Leitthema des diesjährigen ADC Festivals 2019 ist „Creative Intelligence – Wie Ideen entstehen.“ Glaubst du an kreative Intelligenz? Wie entstehen Ideen bei dir?

Ich glaube kreative Intelligenz wird in Zukunft ein sehr starkes Werkzeug für Kreative werden. Als Inspirationsgeber, Visualisierer und Puzzlestückanbieter. Darauf kann man sich freuen. Auch darauf, daß viele Durchschnittslösungen (Texte, Visuals, Logos, sogar Skripte) endlich von Maschinen übernommen werden können. Das Irrationale und Unerwartete jedoch, von dem sich das Emotionswesen Mensch sich auch in Zukunft wird gerne überraschen lassen, werden Computer niemals erzeugen können.

Der kuratierende Instinkt, bleibt aber ein Privileg der humanen Synapsen.

 

Verwirfst du Ideen wieder schnell, wenn sie nicht durchsetzbar sind?

Nicht immer. Manche Ideen sind in der Zeit zu früh, sind nur durch die Klinge des Moments gestorben, durch schlechte Tagesform beim Präsentieren, wegen plötzlicher Budgetkürzungen oder anderen Abgesandten der Hölle.
Die richtig guten Ideen allerdings sind passgenau auf den Kunden und die entsprechende Aufgabe gemacht worden und sind nicht recyclebar: „Like A Bosch“ funktioniert dann nicht bei anderem Kunden.

Was ist das nächste „Big Thing“ in der Branche? Wohin bewegen wir uns?

Von all den aufregenden und sich ständig ändernden Voraussetzungen bleibt der kreative Prozess unberührt.
Zu welchem Ziel man seine grauen Zellen an der Schädelwand entlang jagt, ist dem Gehirn erstmal egal.
Nicht egal ist allerdings die Grundvoraussetzung, selbst für sehr zukünftige,

gute Kommunikation: Sie darf niemals langweilen.

Last but not least – was ist für dich der größte Kreativitätskiller?

Hysterische Political Correctness.

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