©Tony SK / TikTok
20. Juli 2022
Interview

„Mit der Reichweite steigt die Verantwortung

Er spielt mit unserer visuellen Wahrnehmung, zeigt uns verrückte Experimente und vertreibt die Langeweile wie kein Zweiter: Younes Zarou. Mit fast 48 Millionen Followern auf TikTok und 6,4 auf Instagram erreicht Younes extrem viele Menschen. Wir haben den Creator getroffen und mit ihm gesprochen: Über sein erstes Video, seine Kindheitsidole, Verantwortung und darüber, was Werber sich vom Content auf TikTok abschauen können.

Erinnerst du dich noch an deinen ersten TikTok Beitrag?

Ja, ich erinnere mich, das war noch was ganz anderes, als das, was wir jetzt machen.

Ich wollte anfangs Comedy Videos machen – hat nicht so geklappt, ich war nicht so lustig (grinst). Das war so ein Trend Video. Da hat man sich ein Kissen am Popo befestigt und ne Decke drübergelegt, so dass es aussah, als hätte man einen ganz großen Popo, ja und dann ist man von der Kamera weggelaufen. Das sah halt richtig lustig aus, als Junge mit riesigem Hintern, mit dem man dann gewackelt hat. Das war Trend 2019, und mein erstes Video am 20. August.

Wie viele Leute hast du damit erreicht?

Zu dem Zeitpunkt 300 oder 400 Leute, aber ich war stolz. Ich hatte null Follower, hab ein Video hochgeladen und das hat dann gleich 300, 400 Views gehabt.

Also, jetzt hat es mittlerweile 500.000 Views, weil so viele meiner Follower runter gescrolled sind und sich das Video angeguckt haben.

Hast du einen Tipp für TikTok Neulinge?

Abseits davon, dass man kreativ sein sollte, neue Dinge ausprobieren und Trends einfach mitmachen sollte, ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg – wie bei jedem anderen Business auch –, dass es kein Sprint, sondern ein Marathon ist und man nicht erwarten kann, dass man über Nacht ein Star wird. Das ist ein langwieriger Prozess. Man muss permanent Videos hochladen, mit der Zeit gehen, die Trends mitnehmen und natürlich so Sachen, wie gutes Licht beachten. Man muss gucken, dass man eine Person gut erkennt, man Wiedererkennungswert hat und mal schöne Dinge mit reinbringt. Aber ich glaub das Wichtigste ist, am Ball zu bleiben und kreativ zu sein.

 Also, mit der Zeit gehen und den Content intelligent verknappen.

Du warst heute mit der Night of Honour des ADC auf einer Veranstaltung, wo sich Werber und andere Kreative treffen, die zumeist noch sehr klassisch für Kund*innen arbeiten und sich entsprechend an den Anforderungen orientieren. Was glaubst du, können die von dir als TikToker lernen?

Erstmal möchte ich sagen: Ich kann von denen eine Menge lernen, die sind ja mega lange im Business und ich hab echt Respekt davor. Das muss man auf jeden Fall würdigen. Ich glaube aber, was die von mir lernen können oder generell von Creative Content Creators weltweit, ist dieses „Sachen schnell auf einen Punkt bringen“. Das ist es, wofür TikTok bekannt ist, schnelllebig und auf den Punkt. Es ist nicht so, dass man paar Minuten Zeit hätte, eine Werbung zu platzieren. Also, mit der Zeit gehen und den Content intelligent verknappen.

Auf TikTok hast du 47,5 Mio Follower*innen, wahrscheinlich sind es in diesen Minuten schon wieder mehr geworden. Was für ein Gefühl ist es eigentlich, von so vielen Menschen gesehen zu werden. Allein 100.000 sind ja schon eine unvorstellbare Menge. Macht es einen Unterschied, ob es 47,5 Mio oder 100.000 sind?

Die Verantwortung wird größer, das ist ganz wichtig. Man trägt natürlich auch mit 1.000 Followern schon eine Verantwortung, aber die wird immer größer, und wenn man die Millionen erreicht hat…  Ich sag mal so, meinen Content habe ich noch anders kreiert, als ich 5.000 Abonnenten hatte. Da waren meine Videos noch einfache Trends. Die hab ich noch vor der Uni gedreht, und so 1,5 Stunden für gebraucht. Das erste war wirklich ein ganz einfaches Video, aber ich war super perfektionistisch. Genauso bin ich heute noch. Ich drehe meine Videos mit der gleichen Passion, mit dem gleichen Elan und der Perfektion wie damals. Nur die Zahl der Follower hat sich geändert.

Du sprichst von Verantwortung und qualitativen Content. Wie ist es mit deinem Einfluss, den du über TikTok oder auch Instagram hast. Du hast weitaus mehr Follower als unser Bundeskanzler und damit einen Impact. Deine Meinung zählt. Wie nutzt du das für the good thing?

Es ist wichtig, dass man seinen Einfluss nutzt und auch gesellschaftlich relevante Themen anspricht. Angefangen bei Black Lives Matter, der Pride Kampagne, häuslicher Gewalt – was wir damals als große Kampagne mit dem weißen Ring hatten –, aber auch die Ukraine-Krise. Da habe ich meine Reichweite genutzt, bin an die Grenze gefahren und hab mit angepackt, Familien mit nach Deutschland gebracht. Das sind Themen, die man mit der Reichweite ansprechen muss. Wie schon gesagt: Mit der Follower-Anzahl steigt die Verantwortung.

Reichweite verpflichtet. Natürlich zu etwas Gutem. Es verpflichtet mich dazu, etwas zurückzugeben, auf Missstände aufmerksam zu machen, auch mal kontroverse Themen anzusprechen und nicht nur mit der Masse mitzuschwimmen.

Reichweite verpflichtet. […] auf Missstände aufmerksam zu machen, auch mal kontroverse Themen anzusprechen.

Wo sind deine Grenzen? Was würdest du auf TikTok nie zeigen?

Ich würde mich nie nackt zeigen (lacht), aber auch meine Eltern würde ich nicht zeigen.

Man möchte die Leute ja schon inspirieren und manchmal auch schocken. So bekommt man die Art von Aufmerksamkeit, die man sich wünscht. Aber die Grenze zum Legalen ist natürlich gesetzt. Ich würde aber auch ansonsten nichts machen, was irgendwie verwerflich ist. Ich will viele positive Vibes, ich mach viel mit Farben, positiver Energie und das möchte ich ja auch in erster Linie dem Nutzer rüberbringen.

Bist du mit einem Video irgendwann schonmal gesperrt worden?

Es gab ein paar Videos, die gesperrt worden sind, mein Account ist aber noch nie gesperrt worden. Wir haben zum Beispiel mit Feuer hantiert. Generell gibt es da manche Sachen, die der normale User nicht nachmachen sollte, die man dann natürlich auch in die Caption schreibt. Ich habe da aber ein gutes Team, die sehr verlässlich und geschult sind, und Gefahren recht schnell erkennen. Ich habe mich zwar schon öfter bei den Videos verletzt, einige Brandflecken, aber es war noch nie so schlimm, dass ich krankenhausreif gewesen wäre.

Wir haben immer ein Jahresmotto, dieses Jahr lautet es „Ideas create Reality“. Welche Idee prägt denn deine Realität? Fernab von TikTok.

Mein Smartphone. Ich produziere ja alle meine Ideen, die ich im Kopf habe, damit; ich halte die fest als Videoformat. All meine Videos drehe ich mit dem Smartphone – darüber mache ich mir ehrlich gesagt sonst gar keine Gedanken. Auch generell die Videobearbeitungsprogramme, die man mittlerweile auf dem Handy hat – das ist so selbstverständlich geworden, aber es bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie man die Videos gestalten kann.

Und dann der gesunde Lifestyle, den ich lebe. In meinen Videos hantiere ich schon mit gefährlichen Lebensmitteln oder Materialien, aber ich lebe sehr bewusst und ernähre mich auch so. Das prägt meine Realität schon sehr.

Hast du denn eine Idee, die du mit deinem Team gerne mal umsetzen würdest?

Mein Kindheitstraum ist es da meine Eltern aus Marokko kommen, eine Marokkoreise zu machen und dort ärmere Dörfer zu besuchen. Schulen mit aufzubauen, Krankenhäuser zu besuchen und die Kinder dort einfach zum Lächeln bringen, sie mit Plüschtieren, Essen und Trinken beschenken.

Das haben wir auch an der ukrainischen Grenze gemacht. Was mich total überrascht hat: Da waren viele Kinder, die mich sogar erkannt haben. Es war sehr schön zu sehen, wie sie gelächelt haben, teilweise Tränen in den Augen hatten. Das war schön mitzuerleben. Das auch in Marokko machen zu können, ist einer meiner Kindheitsträume. Vielleicht auch irgendwann größer gedacht über eine Stiftung.

Einmal mit Christiano Ronaldo zu arbeiten wäre schon groß.

Mit wem würdest du denn gerne mal zusammenarbeiten? Mit einem Künstler, einer Künstlerin oder vielleicht auch mit jemandem, der durch seine Arbeit und vielleicht auch Stiftung in die Gesellschaft hinein wirkt?

Man hat so seine Kindheitsidole, angefangen bei Cristiano Ronaldo. Früher wollte ich noch Fußballer werden (grinst). Oder Zach King, auch ein sehr kreativer Content Creator. Ich habe mal Videos mit Christian Wulff gedreht, da habe ich mich sehr geehrt gefühlt. Der hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Für mich ist es aber immer eine Ehre mit Leuten zusammen Videos zu drehen. Natürlich ist es auch eine Ehre, wenn Fans mit mir Fotos machen wollen.

Als mein Rolemodel würde ich aber Cristiano Ronaldo nennen. Er ist einfach ein Idol von mir und ich kann mich sehr gut mit ihm identifizieren, weil er sehr ehrgeizig ist, er hat nichts im Leben geschenkt bekommen und ist ein Perfektionist. Da sehe ich sehr viele Parallelen zu mir. Einmal mit ihm arbeiten zu können, wäre schon groß.

 

Bild: ©Tony SK / TikTok

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