12. Juni 2025

Nachruf: Dietmar Henneka

Ein Nachruf von ADC Mitglied Prof. Jochen Rädeker.

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Das sensibelste Rauhbein der Republik ist tot.

Ein halbes Jahrhundert war Dietmar das Gesicht der deutschen Werbe- und Automobilfotografie. Und ihre wortgewaltige Stimme. Über 40 Jahre im ADC, geehrt für sein Lebenswerk 2012, hochkompetenter Juror über Jahrzehnte hinweg. Macher, Mentor, Möglichmacher.

Ob er mit einem überdimensionalen Kodak-Rahmen um die Welt reiste, ob er mit Steve Jobs nachts mit 250 Sachen über die Autobahn bretterte, damit der ein Gefühl für Geschwindigkeit bekam, ob er seine Assistenten wegen winzigster Unachtsamkeiten in den Senkel stellte (und die, die es aushielten, selbst zu Stars machte), ob er die neueste seiner unzähligen Auszeichnungen ins Atelierklo hängte oder Kunden die Meinung geigte, die statt echter Fotografie Retusche verlangten: Dietmar war die Lichtgestalt der Lichtbildner, der Wortführer der Wortkünstler, das Kampfross der Kreativen. Laut bis zur Schmerzgrenze. Dabei aber menschlich zugewandt und feinfühlig wie wenige. Und in all dem großartig.
Niemand fluchte derber und liebevoller. Niemand präsentierte so überzeugend und humorvoll wie er. Keiner machte perfektere Bilder, erzählte bessere visuelle Geschichten – ob mit der Großbildkamera oder später dem iPhone. Keiner brachte so viele Menschen gegen sich auf und dann doch zusammen, forderte und förderte mehr. Das abendliche Glas Weißwein in der Mörikestraße war der Pflicht-Jour Fixe für die Stuttgarter Kreativszene. Wenn Dietmar sprach, hörte auch die (Kultur-)Politik zu, die er im ADC und BFF aktiv gestaltete, vor sich hertrieb, weiterbrachte.
Für mich war Dietmar 30 Jahre lang Freund, Förderer, Inspirator, Wegbegleiter. Er hat die kleine Designbude Strichpunkt in einem Kellergeschoss im Stuttgarter Westen entdeckt, uns Nachtschichten verordnet und uns dann zu Mercedes mitgenommen, um dort zu erzählen, dass wir ein hoffnungsloser Fall seien – aber nicht ganz. Er hat uns in den ADC gebracht, uns zusammengebrüllt und an uns geglaubt.
Und wir an ihn. Und wie!
An den genialen Geschichtenerzähler, Vernetzer, Menschenfreund, Genießer, Globetrotter, Qualitätsfanatiker, Konzeptioner, Bildermacher. An einen der wenigen, wirklich ganz, ganz großen Kreativen. An einen aus der Zeit, als Werbung noch eine Sache von Persönlichkeiten war. An einen mit kompromissloser Haltung und absolutem Gestaltungswillen. An einen mit knallharter Schale und butterweichem Kern. An einen wie keinen.
Trinken wir also ein Glas Sauvignon Blanc mit Blick in Richtung Bodensee, den Dietmar so liebte und an dem er am 9.6.25 gestorben ist. Mit Tränen in den Augen und Dankbarkeit im Herzen für 83 Jahre Hennekrafie. Oder, wie er selbst sagen würde: Innehalten, Pipi aus den Augen wischen, weitermachen: Fuck the fucking fuckers!