©Alex Jeskulke
9. Mai 2022
ADC Festival
Interview

„Wir haben aus vermeintlichen »Schwächen« eine Stärke gemacht.“

Shirin David, Luciano, Sido – Tatjana Wenig hatte sie alle vor der Kamera. Noch während ihres Studiums schrieb sie Videokonzepte und führte Regie für die ganz Großen des deutschen HipHop und machte damit Unternehmen wie Adidas, Mercedes-Benz und Highsnobiety auf sich aufmerksam. Egal ob Musikvideo oder Werbefilm, ihr Gespür für die Szene und ihre popkulturellen Einflüsse prägen ihren unverwechselbaren Stil. Ebenso wie eine weibliche Perspektive auf die männerdominierte Branche, der sie mit ihrem Kollektiv FEMALE FORCE auch hinter der Kamera den verdienten Space erkämpft. Beim ADC Festival Kongress diskutiert Tatjana mit weiteren starken Frauen der Branche über Feminismus und HipHop – inklusive eines Liveauftritts des Duos Bounty & Cocoa! Wir haben mit ihr schon vorab gesprochen.

Der ADC Kongress, das Herzstück des ADC Festivals, führt in diesem Jahr ein fast ausschließlich weibliches Line-Up. Was bedeutet das für dich als Kreative?

Ich freue mich extrem darüber, denn das bedeutet, dass sich endlich etwas tut. Eine wirklich freie und demokratische Gesellschaft braucht den „weiblichen Blick“ um das gemeingesellschaftliche Bild darzustellen und visuelles Erzählen, sei es durch Werbung, Filme oder Design, wird aus der Sicht einer Kreativen immer wichtiger. Endlich! 

Findet im deutschen HipHop aktuell ein Sinneswandel statt?

Es gibt auf jeden Fall immer mehr weibliche Künstlerinnen und damit auch einen anderen Approach ans Thema Rap. Dadurch trauen sich auch viel mehr junge Frauen, einfach zu machen. Ob die männlichen Kollegen einen Sinneswandel erleben? Kann ich nicht sagen. Wer jedoch nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. 

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Rapperinnen wie SXTN, Badmómzjay oder Bounty & Cocoa, die als Teil eures ADC Kongress Panels auftreten werden, eignen sich den Habitus ihrer männlichen Mitstreiter an und erobern so eins frauenfeindliche Narrative im HipHop zurück. Sind sie Vorbilder für junge Frauen?

An sich selbst zu glauben und sich selbst zu feiern, aber auch auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen, dafür steht Rap.

In Zeiten, in denen immer mehr Frauen am Hochstapler-Syndrom und Anxiety Attacks leiden und das Gefühl bekommen, sie müssten perfekt sein und alles unter einen Hut bekommen, ist es befreiend und gibt Kraft, endlich weibliche Stimmen zu hören und Künstlerinnen zu sehen, die selbstbewusst und selbstbestimmt auftreten und Tabus brechen. Das animiert, sich selbst zu Höherem zu pushen und sein eigenes Ding zu machen.

Selbstbestimmung – das hast du mit deinem Kollektiv FEMALE FORCE ganz buchstäblich genommen: Ihr kämpft für mehr Mitbestimmungsrecht bei kreativen Prozessen. Dafür wurdet ihr schon dreimal für den HipHop.de Award nominiert. Wie groß waren – und sind – aber die Widerstände, gegen die ihr ankämpfen müsst?

Nicht kleiner als in anderen Bereichen des Lebens. Rap ist nur der Spiegel eines gesamtgesellschaftlichen Problems. Mansplaining, Pinky Gloves und andere plakative Ideen, die meist Männer als vermeintliche Lösung beisteuern, tragen zu der mangelnden Mitbestimmung bei. Denn es wirkt so, als würde viel verändert werden, dabei wechselt das Problem einfach nur die Farbe. 

„Eine freie und demokratische Gesellschaft braucht den »weiblichen Blick«.“

Frauen haben auch 2022 immer noch viele Nachteile und gläserne Decken, die sie bekämpfen müssen. Das ist bei uns nicht anders. Aber wir haben aus vermeintlichen „Schwächen“ eine Stärke gemacht. Wir haben lange in einer Branche gearbeitet, in dessen Formen wir nicht so arbeiten konnten, wie wir wollten. Wir haben gesehen, dass sich der Markt verändert, dass weibliche und männliche Künstler unsere Kreativität schätzen, weil wir female sind und nicht obwohl. Unsere Kunden wissen schon bei der Anfrage, wer wir sind und was wir machen. Das ist wichtig und wird immer mehr zu unserem USP.

Was genau können die Besucher*innen von eurem Panel erwarten? Was möchtest du den Kreativen mit auf den Weg geben?

Denkanstöße und konkrete Möglichkeiten, sich mehr zu engagieren und nicht nur am 8. März für Frauen einzustehen. Und eine Erklärung für die Dringlichkeit zur Veränderung, denn die kommenden Generationen wollen gewisse Denkmuster, Inszenierungen und Produkte einfach nicht mehr sehen.

 

Alle Infos zum ADC Festival Kongress 2022 gibt es hier.

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